Nach unserer Teilnahme im vergangenen Jahr und den für die Vorbereitung erforderlichen gefühlten Millionen Laufkilometern sowie den Strapazen während der 8 Tage hatten wir die große Klappe: Nie wieder Transalpine-Run (siehe unser damaliger Bericht). Aber da war ja immer noch die Westroute… Irgendwann im Frühjahr waren die Neugier und die Sehnsucht nach den Bergen doch größer als unsere Bedenken und wir entschieden, uns in diesem Jahr mit gleichem Trainingsaufwand auch noch die andere Strecke von Oberstdorf nach Latsch zu „gönnen“. Vorab können wir sagen, dass wir diese Entscheidung zu keiner Zeit bereut haben.
Auf der Westroute durch 4 Länder (Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien) waren dieses Jahr „nur“ 273 km, dafür aber über 15.000 Höhenmetern zu bewältigen (jeweils hoch und runter!!!). Die Anzahl der Teilnehmer wächst stetig, diesmal waren bereits mehr als 300 Teams aus über 25 Ländern am Start. Nach unserer Meinung stößt die Veranstaltung damit langsam an die Grenzen, aber mehr was die Übernachtungsmöglichkeiten und den Platz für die abendlichen Pastapartys in den Etappenorten betrifft. Der Transalpine-Run selbst war wieder professionell und nahezu perfekt organisiert, auch die Streckenmarkierung bot erneut keinen Anlass zur Kritik. Im Gegensatz zum Vorjahr wussten wir in etwa, was auf uns zukommt, außerdem waren die Kontroll- Zwischenzeiten wesentlich besser auf die Endzeit abgestimmt, so dass wir unterwegs nie in Zeitnot kamen. Beides waren wahrscheinlich die Hauptgründe, dass uns der Lauf nicht so schlimm erschien wie in 2010. Hinzu kam, dass die Wege meist trockener waren und das Wetter insgesamt etwas besser.
Außerdem war der 5. Tag in Scuol ein „Ruhetag“ mit Ausschlafen bis 8.00 Uhr, Frühstück in aller Ruhe und dem anschließenden Sprint über 6 km und 900 HM bis zur Bergstation der Seilbahn (runter durften wir diese benutzen). Auch der diesjährige Transalpine-Run hatte mehrere Highlights, an die wir uns gern erinnern: Der 1. Tag (27,2 km; 1806 HM ↑ 1496 HM ↓) war so heiß, dass schon hier einige Teams wegen Erschöpfung und Zeitüberschreitung die Segel streichen mussten. Wir werden nie vergessen, wie ein kleiner Zuschauer am letzten Anstieg seiner Mutter besorgt zu rief: „Mutti, die können doch alle gar nicht mehr…“. Vor dem 2. Tag hatten wir den größten Respekt: 53,2 km; 2481 HM ↑ 2913 HM ↓. Bei solch einer Strecke darf man gar nicht an das unendlich weite Ziel denken, sondern sich nur an dem Erreichen von Zwischenetappen bzw. Verpflegungspunkten erfreuen, dann geht auch solch ein Tag vorbei. Der 3. Tag war so verregnet, dass aus Sicherheitsgründen die weniger gefährliche Alternativroute gewählt wurde (trotzdem 42,3 km; 1870 HM ↑ 971 HM ↓). Irgendwann waren die Schuhe so nass, dass um Pfützen und Bäche kein Umweg mehr gemacht wurde: einfach mittendurch. Der 4. Tag (39,9 km; 2339 HM ↑ 2734 HM ↓) entschädigte uns mit strahlendem Sonnenschein (aber 0°C beim Start in Galtür!), traumhaften Panoramatrails und endlosen Serpentinen bergab bis ins Ziel. Der 6. Tag (37,0 km; 1332 HM ↑ 1474 HM ↓) bot eine spektakuläre Strecke mit sehr schmalen und ungesicherten Wegen in der Uina- Schlucht. Beim Erreichen des Schlingpasses (Grenze nach Südtirol) zog leider eine Regenfront in dieses Hochtal, sonst hätten wir freie Sicht auf die Ortler-Gruppe gehabt. Am 7. Tag (36,9 km; 2063 HM ↑ 2334 HM ↓) war nach langem Anstieg über wegloses Geröll mit der Rappenscharte (3012m) der höchste Punkt des diesjährigen Transalpine-Run zu bezwingen.
Dort gab es den von uns heiß ersehnten Gipfelschnaps (keine Angst, war wirklich nur ein kleines Schnäpschen…chen…chen…).
Am 8. und letzten Tag (30,2 km; 1807 HM ↑ 1882 HM ↓) zog Petrus erneut alle Register: bei fantastischem Wetter führte der Weg nochmals bis auf knapp 2400 m hoch. Hier konnten wir bei einem grandiosen Rundblick Abschied vom Transalpin-Run 2011 und den Bergen nehmen. Durch Südtiroler Apfelplantagen liefen wir zum ersehnten Ziel in Latsch.
Für eine bessere Platzierung als in 2010 waren wir wieder zu langsam, aber wir haben das Ziel diesmal ohne Blessuren erreicht und das unmittelbare Erleben der Natur ist uns wichtiger als irgendwelche Zeiten. Obwohl wir jeden Tag mindestens „Stunden“ verloren, hatten wir immer unseren Fotoapparat dabei und machten über 500 Bilder. Oft konnten wir die Bilder nur aus der Hüfte oder dem Laufen heraus schießen, wenn man die Läuferschlange auf einem sogenannten Singletrail nicht stoppen wollte.
Und jetzt noch eine kleines Schlusswort: Wir danken allen unseren Sportfreunden, die uns bei endlosen Trainingsläufen begleiten „mussten“. Sie haben uns motiviert, während der 8 Tage die Daumen gedrückt und alles täglich im Internet verfolgt. Und da es (noch?) keine 3. Route gibt, bleiben diesmal wirklich keine Fragen offen…
Dagmar Kubis und Silvo Jesche