Anne Bodenstein (40) lief am vergangenen Wochenende den Rennsteig an einem Stück
Anne Bodenstein ist verrückt: Sie ist tatsächlich am 4. Und 5. August den gesamten Rennsteig gelaufen – in 28:26 Stunden. Begleitet wurde die Postfrau von vielen aus dem Verein und natürlich auch von ihrem Partner Maik Mattig und der Post.
Was war dein erster Gedanke im Ziel?
Erleichterung. Sonst gar nichts. Irgendwer hat mich gefragt, ob ich auch wieder zurück nach Blankenstein laufen will. Ich habe einfach nur Nein gesagt, gelacht habe ich nicht mehr.
Wie war der Lauf?
So verrückt es klingt: Die ersten 155 Kilometer lief es super. Ich habe sogar die geplante Stunde Pause um Mitternacht sein lassen, es lief einfach rund. Dann aber kam die Hohe Sonne. Es ging nichts mehr.
Bis Hörschel kamen die schlimmsten 15 Kilometer meines Lebens.
Warum?
Es war, als wäre mir sämtliche Energie abgestellt worden. Ich weiß nicht, ob ich dehydriert war. Olaf hat mir gut zugeredet und behauptet, es gäbe nur noch zwei Berge. Obwohl ich weiß, das ist gelogen, habe ich ihm geglaubt, ich wollte glauben.
Gab es einen Moment, in dem du aufgeben wolltest?
Nie. Das gibt es nicht bei mir. Da hätte ich mich verletzen müssen.
Notfalls wäre es auf allen vieren weitergegangen.
Hast Du Verletzungen?
Nein, nicht wirklich. Einmal stolperte ich über eine Wurzel, ein Zehnagel hat sich nach oben gerollt. Also musste ich die Schuhe ausziehen und ihn wieder richten. Inzwischen sind alle Zehnägel mit Blasen bestückt, sie werden wohl abfallen. Zwischen den Oberschenkeln und an den Waden bin ich ein bisschen verletzt, das vergeht bald.
Wer hat dich unterstützt?
Mein Verein und die Post. Die Post hat die Autos zur Verfügung gestellt und einige Mitarbeiter haben mich begleitet. Das fand ich toll. Na, und mein Verein war unschlagbar. Ronny Gerbach und Steffen Pohl waren in der Nacht bei mir, hatten sich extra noch Technik geholt und haben mich auf ihren Rädern begleitet und mir den Weg beleuchtet. Das war toll. Auch andere aus dem Verein sind mit dem Rad dabei gewesen. David Münch kam extra aus Leipzig, um dabei zu sein. Auch Heiko war mit.
Ist jemand mitgelaufen?
O ja, einige. Zum Beispiel Birgit Münch. Es waren weit über 40 Kilometer. Das hat mich sehr beeindruckt. Zum Schluss liefen mein Mann und mein Sohn mit mir, da ging nichts mehr. Wir haben für die letzten
15 km drei Stunden gebraucht.
Weshalb bist du das Wagnis Rennsteiglauf eingegangen?
Ich fand den Supermarathon auf dem Rennsteig toll, das finde ich bis heute. Danach fühlte ich mich super. Warum also nicht den ganzen Rennsteig?
Weil es immer noch 100 Kilometer mehr sind?
Ja, dennoch. Ich wollte es wissen. Die Idee hatte ich vor zwei Jahren das erste Mal. Nun endlich ist es geschafft.
Wie geht es weiter?
Mal sehen. Ich will weder nach New York noch in die Wüste. Ich liebe Thüringen. Irgend etwas findet sich immer.
Wahrscheinlich bist du nicht die erste Frau, die den Rennsteig gelaufen ist.
Das macht nichts, darauf kam es mir nicht an. Da bin ich halt die erste Postfrau.
Wie hat deine Familie auf den Irrsinn reagiert?
Ich glaube, sie waren stolz. Meine beiden Großen haben mich ja zum Teil begleitet. Gerda und Lotte mit ihren drei und vier Jahren verstehen es noch nicht.
Was hast du jetzt vor?
Urlaub. Nichts weiter. Die nächsten Tage noch nicht einmal laufen. Wir wollen auf unserer kleinen Farm einfach nur die Tage genießen.
Mit Anne Bodenstein unterhielt sich Esther Goldberg